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Sehr geehrte Mandantin, sehr geehrter Mandant,

nach Ebola, Vogelgrippe und SARS kommt nun die Corona-Epidemie. Nachdem sich zunächst in China massenweise Menschen infiziert haben, hat das Virus SARS-CoV-2 inzwischen auch Deutschland erreicht. 

Die meisten Grenzen sind bereits geschlossen, Kinos, Diskotheken und Bars müssen schließen;  das öffentliche Leben wurde heruntergefahren. Die wirtschaftlichen Folgen sind schon jetzt deutlich zu spüren. Aber auch der arbeits- und steuerrechtliche Bereich ist massiv betroffen. Wie gehen Sie nun als Arbeitgeber mit erkrankten Mitarbeitern um? Wie können Sie auf verängstigte Mitarbeiter reagieren und wie weit geht überhaupt Ihr Direktionsrecht bezüglich Schutzmaßnahmen im Betrieb und Homeoffice-Regelungen? Was müssen Sie bei der Anordnung von Kurzarbeit oder Überstunden beachten und welche  Hilfen können Sie seitens der Bundesregierung erwarten? 

Mit dieser Mandanten-Information erhalten Sie auf diese und weitere Fragen wichtige Antworten. Dabei handelt es sich nicht nur um „corona-spezifische“ Informationen. Auch in gleichgelagerten Krisenfällen können Sie zukünftig auf diese Informationen zurückgreifen.

1 Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer

 Die Rechte der Arbeitnehmer, die hier für Sie maßgeblich sind, betreffen vor allem Fragen bezüglich der Entgeltfortzahlung. Hier kommt es allerdings entscheidend auf den jeweiligen Einzelfall an.

1.1 Eigene Erkrankung

Wenn ein Arbeitnehmer an COVID-19 erkrankt, liegt eine Arbeitsunfähigkeit vor. Der Arbeitnehmer hat einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung für die Dauer von sechs Wochen (§ 3 Abs. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz). Dies gilt jedoch nicht in den ersten vier Wochen des Arbeitsverhältnisses (§ 3 Abs. 3 Entgeltfortzahlungsgesetz).

Hinweis: Nach R 3.11 Abs. 2 Lohnsteuer-Richtlinien sind Beihilfen in Krankheits- oder Todesfällen oder Unterstützungen in besonderen Notfällen an Arbeitnehmer von Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts aufgrund von Beihilfevorschriften (Beihilfegrundsätzen) oder Unterstützungsvorschriften (Unterstützungsgrundsätzen) des Bundes oder der Länder oder von entsprechenden Regelungen steuerfrei.

1.2 Erkrankung eines Angehörigen / Fehlende Kinderbetreuung

Wenn das Kind Ihres Arbeitnehmers erkrankt ist oder aufgrund von Schulschließungen nicht betreut werden kann , sieht § 616 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) grundsätzlich bei einer vorübergehenden Verhinderung eine Entgeltfortzahlung, soweit den Arbeitnehmer kein Verschulden an der Verhinderung trifft, vor. 

Hinweis: § 616 BGB definiert keinen konkreten Zeitraum als vorübergehende Verhinderung. In einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts können bis zu fünf Arbeitstage als verhältnismäßig angesehen werden. In einer älteren Entscheidung aus dem Jahr 1979 hat das Bundesarbeitsgericht sogar eine Zeitspanne von sechs Wochen noch als verhältnismäßig angesehen. Zudem ist für die Anwendbarkeit auf alle Umstände des Einzelfalles abzustellen. So kann der Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung beispielsweise auch dann ausgeschlossen sein, wenn der Arbeitnehmer über ein hohes Einkommen verfügt und es daher zumutbar erscheint, eine Kinderbetreuung gegen Entgelt zu engagieren. Eine generelle Aussage zu der Reichweite der Norm gibt es nicht.  

Falls Sie die Anwendung dieser Norm jedoch im Arbeitsvertrag ausgeschlossen haben, besteht der Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung nicht. 

Wenn ein Mitarbeiter auf einen COVID-19-Verdachtsfall oder eine Erkrankung in seinem näheren Umfeld hinweist, müssen Sie aus Ihrer Fürsorgepflicht heraus die Kollegen darauf hinweisen, sich testen zu lassen, um eine weitere Ausbreitung des Virus zu verhindern. Auch wenn der Arbeitnehmer grundsätzlich ein Recht hat zu arbeiten, kommt in diesem Fall auch eine bezahlte Freistellung von der Arbeit in Betracht, wenn Sie eine Ausbreitung in Ihrem Betrieb vermeiden wollen. 

Sowohl bei der tatsächlichen Erkrankung des Kindes, als auch bei der fehlenden Betreuungsmöglichkeit aufgrund geschlossener Schulen und Kitas kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer grundsätzlich nicht zwingen zu arbeiten. Es gibt mehrere Rechtsgrundlagen, die dem Arbeitnehmer ein Leistungsverweigerungsrecht gewähren (u.a. nach dem PflegeZG). Allerdings sehen diese Verweigerungsrechte keinen Entgeltfortzahlungsanspruch vor. Die Frage nach Ihrer Entgeltfortzahlungspflicht richtet sich, soweit der Arbeitnehmer nicht tatsächlich erkrankt ist, nach § 616 BGB.

Wenn es sich um einen längeren Zeitraum handelt oder ein Entgeltfortzahlungsanspruch auf Grundlage des § 616 BGB nicht besteht, müssen die betroffenen Mitarbeiter entweder Urlaub oder ein bestehendes Zeitguthaben in Anspruch nehmen, soweit sie den Vergütungsanspruch gegen den Arbeitgeber aufrechterhalten wollen. Ein Leistungsverweigerungsrecht ohne eine Entgeltfortzahlungspflicht kann aber auch für einen längeren Zeitraum in Betracht kommen.

1.3 Angeordnete Quarantäne

Anders ist die rechtliche Situation dagegen dann, wenn der Arbeitnehmer aufgrund einer behördlichen Maßnahme, insbesondere die Anordnung einer Quarantäne nicht arbeiten kann. Behördlich angeordnete Quarantänemaßnahmen können den Wohnort Ihres Mitarbeiters, aber auch Ihren Betrieb betreffen. In diesen Fällen müssen Sie, auch wenn Ihr Mitarbeiter nicht erkrankt ist, die Vergütung für sechs Wochen weiterzahlen. Sie haben jedoch einen Erstattungsanspruch in Höhe der fortgezahlten Vergütung gegenüber der Behörde, die die Quarantäne angeordnet hat. Den Anspruch können Sie nach § 56 Infektionsschutzgesetz (IfSG) geltend machen. Dies gilt allerdings dann nicht, wenn sich eine Zahlungspflicht aus § 616 BGB ergibt, da die staatliche Erstattung nur bei einem Verdienstausfall des Arbeitnehmers greift und somit nachrangig gilt. Die Fortzahlungspflicht nach dem IfSG ist nachrangig, da sie erst dann greift, wenn der Arbeitnehmer einen Verdienstausfall hat. 

Bei einer Quarantäne, die von einer ausländischen Behörde angeordnet wurde, kommt eine Entgeltzahlung auf der Grundlage des IfSG nicht in Betracht. Dennoch kann auch bei einer Maßnahme einer ausländischen Behörde, die dem Arbeitnehmer eine Rückkehr nicht ermöglicht, eine Entgeltfortzahlungspflicht auch aus der Norm des § 616 BGB bestehen. In den auslandsaufenthaltsbezogenen Fällen kann der Anspruch aber dann ausgeschlossen sein, wenn der Arbeitnehmer sich in einem Risikogebiet, für das eine behördliche Reisewarnung besteht, aufgehalten hat. In diesem Fall kann ein Verschulden des Arbeitnehmers vorliegen und die Entgeltfortzahlung ausschließen. Wenn Sie aufgrund einer Quarantäne Ihres Mitarbeiters vertraglich auf Grundlage des § 616 BGB zur Zahlung der Vergütung verpflichtet sind, können Sie sich die Zahlungen nicht nach dem IfSG erstatten lassen. 

Handelt es sich um eine Quarantäne, die eine deutsche Behörde angeordnet hat, so ist der entsprechende Antrag des Arbeitgebers auf Erstattung der Lohnzahlungen  innerhalb von drei Monaten nach dem Einstellen der Tätigkeit oder nach Ende der Absonderung zu stellen. 

Soweit der Arbeitnehmer von einer deutschen Behörde länger als sechs Wochen unter Quarantäne gestellt wird, kann dieser eine Entschädigung in Höhe des Krankengeldes beantragen. Hierfür ist der Arbeitgeber nicht mehr zuständig.

1.4 Homeoffice

Aufgrund der Befürchtungen der Arbeitnehmer, sich anzustecken, kommt bei Mitarbeitern nun verstärkt der Wunsch auf, von zu Hause aus arbeiten zu dürfen. In Deutschland besteht jedoch kein Anspruch auf die Einrichtung eines Homeofficearbeitsplatzes. Aus diesem Grund dürfen Sie Wünsche Ihrer Arbeitnehmer auf Einrichtung eines solchen Arbeitsplatzes ablehnen. 

Weigert sich ein Mitarbeiter, aus Angst vor einer Ansteckung im Betrieb zu erscheinen, handelt es sich um eine Arbeitsverweigerung, wogegen Sie arbeitsrechtlich vorgehen können, was sogar in der Kündigung des Arbeitsverhältnisses gipfeln kann. Einen Entgeltfortzahlungsanspruch hat der Arbeitnehmer in diesem Fall nicht.

1.5 Arbeitsweg

Wenn Ihr Mitarbeiter auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen ist und es hier zu Ausfällen kommt, wird er dadurch nicht von seiner Arbeitspflicht befreit. Das sogenannte Wegerisiko liegt auf seiner Seite, so dass er sich bemühen muss, pünktlich zur Arbeit zu erscheinen. Ist ihm dies nicht möglich, kann er für die Fehlzeiten seinen Vergütungsanspruch verlieren.

1.6 Außendiensttätigkeiten

Zahlreiche Unternehmen sind auf den Außendienst angewiesen, so dass die Mitarbeiter nicht im Betrieb tätig sind, sondern beispielsweise Kundenbetriebe aufsuchen. Da beim Kontakt mit anderen Menschen eine Ansteckungsgefahr besteht, sind inzwischen Fälle bekannt geworden, in denen sich Mitarbeiter geweigert haben, im Außendienst zu arbeiten. Dies ist aber grundsätzlich nicht zulässig, soweit der Arbeitnehmer sich in dem Arbeitsvertrag verpflichtet hat, auch Tätigkeiten im Außendienst wahrzunehmen.

Hinweis: Wenn im Arbeitsvertrag die Tätigkeit des Mitarbeiters auch im Außendienst vereinbart wurde, können Sie diese Leistung auch von ihm verlangen. Eine Weigerung des Mitarbeiters kann arbeitsrechtliche Konsequenzen haben, so kann beispielsweise eine Abmahnung oder unter Umständen sogar eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses erfolgen.

2 Schließung des Betriebes

Die zuständige Gesundheitsbehörde kann als erforderliche Schutzmaßnahme auch eine Schließung für Ihren Betrieb anordnen, wenn dies notwendig erscheint. Das kann der Fall sein, wenn von Ihrem Betrieb eine entsprechende Gefahr ausgeht. Dies betrifft aufgrund der aktuellen Maßnahmen der Regierung weitgehende Bereiche des Einzelhandels, der Gastronomie und Freizeiteinrichtungsbetrieben.

Beispiel: Sie haben einen Hotelbetrieb, in dem vermehrt Corona-Fälle aufgetreten sind. Hier kann die zuständige Gesundheitsbehörde die Schließung des Betriebs sowie Quarantäne anordnen.

Sollte es hierzu kommen, suchen Sie das Gespräch mit der Behörde, um Ihre Pflichten zu klären.

Hinweis: Verstöße gegen die Quarantänevorschriften können nach § 74 IfSG sogar mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafen geahndet werden.

Die Quarantänemaßnahmen können auch zwangsweise durchgesetzt werden. Wenn Sie sich beispielsweise weigern, Ihren Betrieb zu schließen, kann das Gesundheitsamt im Rahmen einer Ersatzvornahme gegebenenfalls unter Zuhilfenahme der Polizei die Schließung vornehmen. Falls in diesem Zusammenhang durch die Behörde Gegenstände vernichtet, beschädigt oder in sonstiger Weise in ihrem Wert gemindert werden, haben Sie einen Entschädigungsanspruch (§ 65 Abs. 1 IfSG). Ausgenommen davon sind solche Gegenstände, die mit Krankheitserregern behaftet oder diesbezüglich verdächtig waren.

Vergütungsansprüche Ihrer Mitarbeiter

Wenn Ihr Betrieb aufgrund einer behördlichen Anordnung unter Quarantäne gestellt wird, besteht der Vergütungsanspruch der Mitarbeiter weiter. Dieses Risiko liegt folglich in Ihrem Verantwortungsbereich.

Hinweis: Sofern es betrieblich sinnvoll ist, können Sie die Weiterarbeit der Mitarbeiter  von zu Hause aus mit ihnen vereinbaren, soweit die Voraussetzungen dafür gegeben sind.

Prüfen Sie daher schon jetzt, in welchen Bereichen eine Homeofficeregelung ermöglicht werden kann. Bedenken Sie auch die technischen Erfordernisse, insbesondere hinsichtlich der IT-Sicherheit und des Datenschutzes.

3 Schutzmaßnahmen 

Als Arbeitgeber sind Sie im Rahmen Ihrer Fürsorgepflicht dafür verantwortlich, in Ihrem Betrieb geeignete Schutzmaßnahmen gegen die Verbreitung von Krankheitserregern wie dem Corona-Virus SARS-CoV-2 zu ergreifen. Sie können zum Beispiel am Arbeitsplatz allgemeine Hygienehinweise erteilen, Desinfektionsmittel bereitstellen und den körperlichen Kontakt (z.B. Händeschütteln) untersagen.

Weitere Schutzmaßnahmen können Sie im Rahmen der organisatorischen Abläufe treffen, indem Sie beispielsweise Besprechungstermine durch Telefon- oder Videokonferenzen ersetzen, soweit dies möglich ist. Auch die bereits erwähnte Einrichtung eines Homeofficearbeitsplatzes gehört hierzu. 

Um größere Ansammlungen von Mitarbeitern zu vermeiden, beispielsweise in der Betriebskantine, können Sie auch zeitliche Vorgaben zur Nutzung von Sozialeinrichtungen machen. 

Sollten bei einzelnen Mitarbeitern Krankheitssymptome auftreten kann zum  Schutz der anderen Arbeitnehmer unter Umständen auch eine bezahlte Freistellung angeordnet werden. Vor dem Hintergrund des Beschäftigungsrechts des Arbeitnehmers wird dies aber die letzte Maßnahme sein, wenn vorrangige mildere Mittel nicht mehr ausreichen.

Hinweis: Orientieren Sie sich bezüglich vorbeugender Maßnahmen auch an den Empfehlungen der Gesundheitsbehörden und des Robert-Koch-Instituts auf www.rki.de/covid-19.

Wenn Sie in Ihrem Unternehmen einen Betriebsrat haben, sind diese Maßnahmen mitbestimmungspflichtig. Ziehen Sie den Betriebsrat auch hinzu, um ein gemeinsames Vorgehen gegen die weitere Ausbreitung zu vereinbaren. Häufig hat der Betriebsrat den „besseren Draht“ zur Belegschaft. 

Hinweis: Ein Recht auf die Auskunft, ob Ihr Mitarbeiter an Corona erkrankt ist oder wo er seinen Urlaub verbracht hat, besteht grundsätzlich nicht. Sollte es jedoch konkrete Hinweise auf eine Erkrankung geben oder bekannt sein, dass der Arbeitnehmer sich in einem Risikogebiet aufgehalten hat, so kann sich unter Umständen in dieser Ausnahmesituation auch eine Auskunftspflicht ergeben. Insgesamt empfiehlt sich ein maßvolles Verhalten, das von gegenseitiger Rücksichtnahme geprägt sein sollte. 

4 Beschäftigungsmöglichkeiten der Mitarbeiter

Massive Auswirkungen können sich durch Krankheitserreger wie SARS-CoV-2 bezüglich der Arbeitsmöglichkeiten der Mitarbeiter ergeben. Entweder fehlt Arbeit oder es gibt zu viel, so dass die Arbeitszeiten der Arbeitnehmer entweder verkürzt oder verlängert werden müssen.

Hinweis: Grundsätzlich liegt das Betriebsrisiko in Ihrem Verantwortungsbereich, so dass Sie bei fehlender Arbeit gleichwohl die Vergütung zahlen und andererseits bei erhöhtem Arbeitsanfall genügend Mitarbeiter für die zu erledigenden Aufgaben verpflichten müssen.

4.1 Anordnung von Kurzarbeit

Nicht nur im Messebau  sind wegen SARS-CoV-2 die Auftragszahlen rückläufig, sondern auch in vielen anderen Bereichen. Manche Wirtschaftszweige können aufgrund behördlicher Untersagung überhaupt nicht mehr die Geschäftstätigkeit ausüben (Einzelhandel und Freizeiteinrichtung u.a.) Wenn Sie nicht mehr ausreichend Arbeit zur Verfügung stellen können, müssen Sie notfalls Kurzarbeit anmelden. Die Kurzarbeit dient dazu, dass der Arbeitgeber nicht gezwungen ist, den betroffenen Arbeitnehmer sofort zu entlassen.

Hinweis: Auch die Verkürzung der Arbeitszeit ist mitbestimmungspflichtig, so dass Sie den Betriebsrat hinzuziehen müssen.

Besteht in Ihrem Unternehmen kein Betriebsrat, dürfen Sie die Kurzarbeit dennoch nicht einseitig anordnen. Hier müssen Sie mit den betroffenen Arbeitnehmern Vereinbarungen treffen.

Hinweis: Es kann auch sein, dass Sie nur für einen bestimmten Bereich des Unternehmens Kurzarbeit anordnen müssen, da dieser besonders stark von der Corona-Krise betroffen ist. Teilweise ist die Möglichkeit der Kurzarbeit bereits im Arbeitsvertrag vorgesehen. Hierbei ist zu beachten, dass diese Klausel eine Ankündigungsfrist vorsieht, da eine fristlose Einführung der Kurzarbeit den Arbeitnehmer unverhältnismäßig benachteiligen kann. Wenn Ihr Unternehmen tarifgebunden ist, kann auch der Tarifvertrag entsprechende Möglichkeiten vorsehen.

Ist in dem Arbeitsvertrag keine einseitige Anordnung der Kurzarbeit vorgesehen, so bleibt dem Arbeitgeber nur der Ausspruch einer Änderungskündigung, mit der dann die Arbeitsbedingungen einseitig geändert werden können. Der Arbeitnehmer muss die Bedingungen der Änderungen aber nicht ohne weiteres akzeptieren. Er kann gegen die Kündigung wie eine „normale“ Kündigung vor dem Arbeitsgericht überprüfen lassen. Soweit keine einvernehmliche Lösung gefunden wird, ist eine rechtliche Beratung vor dem Ausspruch von Änderungskündigung dringend zu empfehlen, da selbst formale Fehler eine Änderungskündigung unwirksam machen können.

Wenn die wirtschaftliche Lage in Ihrem Unternehmen so dramatisch ist, dass Sie Kurzarbeit anordnen müssen, müssen Sie dies gegenüber der Bundesagentur für Arbeit schriftlich anzeigen. Im Rahmen dieser Anzeige müssen Sie darlegen, aus welchen Gründen die Kurzarbeit erforderlich ist. Wenn Sie einen Betriebsrat haben, muss dieser bei der Antragstellung beteiligt werden.

Im Zuge der Kurzarbeit muss der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung (entweder vollständig oder bei einer bloßen Reduzierung der Arbeitszeit teilweise) nicht mehr anbieten und Sie als Arbeitgeber werden von der Vergütungspflicht (teilweise) befreit. Dafür besteht dann der Anspruch der betroffenen Mitarbeiter auf Kurzarbeitergeld.

Hinweis: Hier bestehen für Sie als Arbeitgeber gesetzliche Mitwirkungspflichten. Wenn Sie unrichtige Angaben machen, kann dies zu Geldbußen führen.

4.2 Aktuelle Neuerungen zur Kurzarbeit

Der Gesetzgeber hat als Reaktion auf die SARS-CoV-2-Ausbreitung Änderungen im Kurzarbeitergeld beschlossen, die vorerst befristet gültig sind. 

Konkret sieht das neue Gesetz folgende Maßnahmen vor:

Wenn aufgrund schwieriger wirtschaftlicher Entwicklungen Aufträge ausbleiben, kann ein Betrieb zukünftig Kurzarbeit anmelden, wenn mindestens zehn Prozent der Beschäftigten vom Arbeitsausfall betroffen sind. Diese Schwelle liegt bislang bei einem Drittel der Belegschaft.

Auf den Aufbau negativer Arbeitszeitsalden durch Nutzung von Arbeitszeitkonten vor Zahlung des Kurzarbeitergeldes soll vollständig oder teilweise verzichtet werden können. Das geltende Recht verlangt, dass in Betrieben, in denen Vereinbarungen zu Arbeitszeitschwankungen genutzt werden, diese auch zur Vermeidung von Kurzarbeit eingesetzt und ins Minus gefahren werden. Bestehen bleibt jedoch die Voraussetzung, dass Urlaubsansprüche grundsätzlich vorrangig genutzt werden müssen. 

Weiterhin können auch Leiharbeitnehmer künftig Kurzarbeitergeld beziehen.

Die Sozialversicherungsbeiträge, die Sie als Arbeitgeber normalerweise für Ihre Beschäftigten zahlen müssen, soll die Bundesagentur für Arbeit künftig vollständig erstatten. Damit soll ein Anreiz geschaffen werden, Zeiten der Kurzarbeit stärker für die Weiterbildung der Beschäftigten zu nutzen.

Die Höhe des Kurzarbeitergeldes orientiert sich an der bisherigen Vergütung. Die Arbeitsverwaltung unterscheidet zwischen Arbeitnehmern, die mindestens einen Kinderfreibetrag von 0,5 auf der Lohnsteuerkarte vermerkt haben, und übrigen Arbeitnehmern.

Arbeitnehmer, die einen Kinderfreibetrag haben, erhalten 67 % der Nettoentgeltdifferenz, alle anderen einen Satz von 60 %.

Beispiel: Ein Arbeitnehmer (1 Kind) erhält in Vollzeit eine Bruttovergütung von 3.000 €, was ca. 1.900 € netto entspricht. Die Arbeitszeit wird um 50 % reduziert, so dass der Bruttoverdienst bei 1.500 € liegt (ca. 1.100 € netto). Die Nettoentgeltdifferenz beträgt damit 800 €. Von diesen 800 € erhält der Arbeitnehmer 67 % (=536 €). Der Arbeitnehmer in dem Beispiel erhält somit nur 264 € netto weniger.

4.3 Anordnung von Überstunden

Durch den zu erwartenden höheren Krankenstand und Ausfall durch Quarantäne kann es erforderlich sein, dass Mitarbeiter im Betrieb mehr arbeiten müssen. In diesem Fall können Sie Überstunden anordnen, soweit dies arbeitsvertraglich vorgesehen ist. 

Hinweis: Fehlen entsprechende Regelungen, können Überstunden nur angeordnet werden, wenn ein schwerwiegender wirtschaftlicher Schaden droht. Alle Informationen nach bestem Wissen, jedoch ohne Gewähr.

Wenn es in Ihrem Unternehmen einen Betriebsrat gibt, ist die Anordnung von Überstunden mitbestimmungspflichtig. Das heißt, dass Sie ohne Zustimmung des Betriebsrates keine Überstunden anordnen dürfen. Kommen Sie mit dem Betriebsrat zu keiner Einigung, können Sie die Bildung einer Einigungsstelle beantragen, die dann die fehlende Zustimmung ersetzen kann.

4.4 Kündigungen

Wenn die Anordnung von Kurzarbeit allein nicht mehr ausreichen sollte, können im schlimmsten Fall Kündigungen ausgesprochen werden. Hier liegt dann eine betriebsbedingte Kündigung vor, so dass Sie bei der Auswahl der zu kündigenden Arbeitnehmer soziale Geschichtspunkte beachten müssen.

Diese sozialen Gesichtspunkte sind nach dem Kündigungsschutzgesetz: Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltsverpflichtungen und Schwerbehinderung. Besteht in Ihrem Unternehmen ein Betriebsrat, müssen Sie diesen bei auszusprechenden Kündigungen informieren.

Wir raten jedoch ohne individuelle anwaltliche Beratung von dem Ausspruch von Kündigungen ab.

5 Wirtschaftlicher Ausblick

Nicht nur aus gesundheitlicher, sondern auch aus wirtschaftlicher und rechtlicher Sicht stellen uns extreme Krankheitswellen vor große Herausforderungen. Wie stark die wirtschaftlichen und damit auch steuerlichen Auswirkungen der SARS-CoV-2-Pandemie sein werden, wird sich wohl erst in den kommenden Wochen und Monaten zeigen. 

Die Bundesregierung reagierte am 13.03.2020 mit einem Maßnahmenpaket für betroffene Unternehmen und Beschäftigte. Neben der Anpassung der Kurzarbeiterregelung wird es steuerliche Liquiditätshilfen für Unternehmen geben. Im Einzelnen sehen diese wie folgt aus:

  • Stundung der Steuerzahlungen
  • Senkung von Vorauszahlungen
  • Verzicht auf Vollstreckungsmaßnahmen (z.B. Kontopfändungen) beziehungsweise Säumniszuschläge bis zum 31.12.2020

Zudem wurde die Generalzolldirektion angewiesen, bei Steuern, die von der Zollverwaltung verwaltet werden (darunter fallen bspw. die Kraftfahrzeug-, Energie- und die Luftverkehrssteuer), den Steuerpflichtigen in entsprechender Art und Weise entgegenzukommen. Gleiches gilt für das Bundeszentralamt für Steuern, das bei der Versicherungssteuer und der Umsatzsteuer ebenso verfahren soll.

Die Bayerische Staatsregierung hat ein noch weitergehendes Hilfspaket auf den Weg gebracht. So können Soforthilfen, je nach Betriebsgröße, bis zu 30.000,- € in Anspruch genommen werden. Zudem können Kredite über die LfA Förderbank Bayern abgerufen werden, um finanzielle Engpässe zu überbrücken. 

Darüber hinaus sollen Unternehmen und Beschäftigte durch die Ausweitung bestehender Programme für Liquiditätshilfen  unterstützt werden, sollten sie aufgrund der Corona-Krise unverschuldet Umsatzrückgänge verzeichnen. 

Hinweis: Die von der Bundesregierung beschlossenen Maßnahmen sind im Volumen unbegrenzt und umfassen unter anderem den Unternehmerkredit der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), den ERP-Gründerkredit Universell und den KfW Kredit für Wachstum.

Für Mandanten aus Bayern kommen zudem Kredite über die LfA Förderbank Bayern und Soforthilfen in Betracht, die noch weitergehender als die Bundeshilfen sind. 

Zusätzlich sollen weitere Sonderprogramme bei der KfW aufgelegt werden. Diese sind bei der EU-Kommission zur Genehmigung angemeldet. Über die weiteren wirtschaftlichen Entwicklungen halten wir Sie auf dem Laufenden.

Ob neben den Krediten, Soforthilfen und steuerrechtlichen Erleichterungen auch Entschädigungsansprüche aufgrund des IfSG in Betracht kommen können, wird von den Umständen des Einzelfalles abhängen. § 56 Abs. 4 IfSG sieht bei Existenzgefährdungen und bestimmten behördlichen Maßnahmen grundsätzlich auch für Selbstständige Entschädigungsansprüche vor. Hier wird es aber auf alle Umstände des Einzelfalles ankommen, ob neben den allgemeinen Hilfsprogrammen auch gesetzliche Entschädigungsansprüche aufgrund der Pandemiemaßnahmen in Betracht kommen können. Eine generelle Aussage ist hier nicht möglich.

Wenn sich die (finanzielle) Situation Ihres Betriebs aufgrund der SARS-CoV-2-Pandemie oder anderen akuten Krankheitswellen ändert, sprechen Sie uns jederzeit gerne an. Wenden Sie sich bei arbeitsrechtlichen Fragen im Zweifelsfall immer auch an Ihre Rechtsberatung. 

Alle Informationen nach bestem Wissen, jedoch ohne Gewähr.Diese Information ersetzt nicht die individuelle Beratung! Rechtsstand: 16.03.2020

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Kevin Nowack, SALLECK + PARTNER

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